Autorentag mit Bea Rabenmond, Runde 4


Was für ein toller Autorentag mit der lieben Bea Rabenmond geht da nun zu Ende. Aber, was wäre ein solcher Tag, wenn ich und die Autorin nicht noch etwas für euch hätten. Für alle, die gerne mal einen Blick in das Buch werfen möchten, habe ich von der Autorin extra für euch, eine Leseprobe erhalten.
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Hier ihre Leseprobe für euch!
1.     Die Gegenwart
Yasemine hatte gerade angefangen ihre Gedanken schriftlich festzuhalten. Da wurde ihr bewusst, dass in ihr seit geraumer Zeit ein einziges Chaos herrschte. Die Stimmen in ihrem Inneren redeten alle durcheinander und machten es ihr schwer sich zu konzentrieren. Das ging einfach gar nicht! Voller Ärger über sich selbst, wischte die 39-Jährige über die Tastatur und löschte damit das bereits Geschriebene. Wie sollte ihr so jemals klarwerden, was das über all die Jahre Erlebte zu bedeuten hatte und wofür es gut war? Denn in einem war sie sich sicher: Es gab keine Zufälle! Überzeugt, dass alles bestimmt seinen Sinn hatte, beschloss die immer noch gutaussehende Brünette es einfach zu versuchen. Sie würde die Geschichte ihres Lebens schreiben und fertigstellen egal wie. Rechtlich könnte es allerdings Probleme geben, aber sie könnte ja einfach Namen und Geschehen ein wenig verändern. Gewissen Angehörigen wollte sie auch etwaige Enthüllungen ersparen. Doch andererseits wollte Yassie so nah wie möglich bei der Wahrheit bleiben, so verrückt sie auch war. Es war schwierig, denn sie war wie immer hin und hergerissen zwischen ihrem realen langjährigen Lebensgefährten Aaron und der sehnsüchtigen Liebe zu einem Geist. Yasemine schüttelte den Kopf. Manchmal konnte sie es selbst kaum glauben, und das, obwohl sie seit ihrer Kindheit hellsichtig und hellhörig war. Eine Beziehung mit einem feinstofflichen Mann. Das war unglaublich und trotzdem ging das jetzt schon über etliche Jahre. 15, um genau zu sein. Da war der Film „Ghost“ mit Patrick Swayze ein Kinderfilm gegen. Um das Ganze noch zu toppen, war es auch nicht irgendein Geist. Es handelte sich um einen berühmten Sänger, welcher viel zu früh tödlich verunglückt war und posthum noch einigen Ruhm mehr erlangte. Sie war weder ein Groupie gewesen und war es auch jetzt nicht noch hatte sie ihn gerufen. Auf die Idee wäre sie nie gekommen.
Er war eines Tages plötzlich da und verlangte nach ihrer Aufmerksamkeit.
Der große Adler mit der riesigen Spannweite.
Seine Stimme und sein Charisma hatten einst riesige Konzerte gefüllt. Weltweit. Oh, seine Präsenz war auch nach dem Tod noch unglaublich stark. Er war so einnehmend, dass er die junge Frau zeitweilig soweit brachte, das Jenseits mehr zu lieben als das Leben in dieser Welt.
Nach einem Jahr war sie körperlich und seelisch richtig unten, so dass sie sogar freiwillig in der Psychiatrie Hilfe suchte. Doch „Eagle“, oder besser Joshua wie er wirklich hieß, wurde sie trotz Therapie und Medikamenten nicht los.
Weder ihn noch seine zahlreichen Gefährten.
Aber sie lernte, damit zu leben. Einfach war es nicht, täglich mit diesem Geheimnis zu jonglieren. Sie hatte ja schließlich noch ein normales Leben, einen Partner und einen Job. Im großen Freundeskreis wusste niemand, dass die Stimmen, die nur sie hörte, real waren. Sie kamen bloß aus einer anderen Dimension. Aus einer Zwischenwelt, die nicht ganz so unsichtbar war, wie viele meinten.
Und einer war da der große Meister, der Virtuose ihres Seelenlebens.
Mit Zugriff auf all ihre Gedanken und ihre Gefühle. Als er auftauchte, bekam Yasemine erst Angst. Sie versuchte, sich diese nicht anmerken zulassen, um nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten. Was ihr auch ganz gut gelang. Sie wehrte sich, hielt irgendwann mal still, arrangierte und ergab sich, ließ sich verzaubern und litt, denn sie liebte ihn mit der Zeit selbst heute noch. Nach all den Jahren. War das eine Liebe auf Gedeih und Verderb für die Ewigkeit oder war sie doch nur schizophren? In allen anderen Bereichen tickte sie doch normal. Agierte konsequent und psychisch unauffällig. Es gab ruhige Tage, an denen Joshua sich zurückhielt. Oder sie war so beschäftigt, dass sie ihn nicht wahrnahm. Dann kam Yassie ins Grübeln und wusste selbst keine Antwort auf diese große Frage. Dieses Geheimnis kostete sie unzählige ratlose Stunden und viele Tränen.
2.    Erste Begegnungen mit der Anderwelt
Sie war fünf, als sie die erste bewusste Begegnung mit der geistigen Welt hatte.
Yasemine war Tags über langweilig gewesen. Sie war mal wieder allein und hatte den schönen Sommertag damit verbracht Blumen zu pflücken. Dabei bewunderte sie die einzigartige Schönheit jeder Blüte und bat diese still um Erlaubnis, um sie zu pflücken. Später hielt sie einen wunder schönen Strauß in der Hand und stellte daraus kleine Kränze her. Dabei beobachtete sie ihre Landschildkröte Charly bei deren Wanderungen über die große Wiese. Yassie hatte Charly einen dicken roten Kreis auf den Panzer gemalt, um sie leichter wieder zu finden. Denn manchmal schlug diese doch ein gewaltiges Tempo an, um lautlos im hohen Gras zu verschwinden, wenn sie mal einen Augenblick nicht hinsah.
Später am Abend entdeckte sie etwas Kurioses. Es hatte fast zwei Stunden wie aus Eimern geschüttet. Als das Mädchen schon dachte, dass es heute wohl nicht mehr nach draußen kam, fielen die letzten Tropfen. Die Sonne kämpfte sich wieder hervor, die feuchte Luft fing an zu verdampfen. Die Kleine genoss Schauspiel bei geöffneter Terrassentür und trat kurz darauf hinaus. Der Boden war mit Pfützen übersät, bot aber trotzdem etlichen Regenwürmern Halt, nachdem sie vorher aus ihren Löchern geschwemmt worden waren. In ihrem eigenen Tempo krochen sie auf der Suche nach neuen Behausungen und Nahrung dahin.
Es waren Dutzende und Yasemine bückte sich, um die wirbellosen Kriechtiere besser beobachten zu können. Sie entdeckte den stulpenförmigen Mund sowie den Darm, der den gesamten Körper durchzog. Nachdenklich griff sie nach einem kleinen spitzen Stein. Dann begann die Kleine zielstrebig wie ein Forscher den ihr am nächsten liegenden Wurm zu zerteilen. Dabei fand sie heraus, dass diese Wesen in der Lage waren, mit beiden Hälften weiter zu existieren. Jetzt waren es quasi zwei Regenwürmer, die auf der Suche nach verrottenden Blättern und neuem Unterschlupf über die feuchte Terrasse krochen. War das ein Zufall oder passierte das auch mit anderen? Neugierig teilte sie weitere Opfer und war fasziniert vom Schauspiel der sich windenden Wurmhälften.
Irgendwann bemerkte Yassie, dass es dunkel wurde. Sie hatte die Zeit total vergessen, die Straßenlampen gingen schon an.
In der Küche hörte sie ihre Mutter rufen. Das Mädchen ignorierte die mahnende Stimme und beobachtete weiter, wie die vielen Hälften sich ringelten und bewegten. Plötzlich bemerkte sie eine Lichtgestalt unter der einzigen Laterne auf der anderen Straßenseite. Ihr Herzschlag setzte kurz aus, um dann umso schneller wieder zu klopfen. Die Gestalt war riesig. Sah irgendwie aus wie ein Bischof mit Mütze, hielt einen Hirtenstab in der Hand und schaute sie ernst an. Dabei kamen ihr folgende Worte in den Sinn:
“Mach das nie wieder, nur um deine Neugier zu stillen. Jedes Lebewesen hat ein Recht auf Unversehrtheit.“ Vor Schreck ließ sie den Stein, den sie immer noch umklammert hielt, fallen und rannte ins Haus. Sie brauchte eine ganze Weile, um sich wieder zu beruhigen. Wer war das? Der Nikolaus war es nicht, den hätte sie erkannt. Zu ihren Eltern traute sie sich damit nicht. Wahrscheinlich würden sie wieder mit ihr schimpfen. In dieser Nacht lag sie lange wach, dachte nach und beschloss, nie wieder ein Tier so zu untersuchen. Jahre später erzählte sie ihrer Mutter davon, doch die lächelte nur und meinte ein wenig herablassend: „Kinder bilden sich oft was ein. Das war dein schlechtes Gewissen. Du hast halt viel Fantasie.“ Bis heute wusste Yasemine nicht, wer das damals gewesen war.
Die hohe Bischofsmütze und der lange, gebogene Stab ließen auf irgendeinen Würdenträger schließen. Das war ihr immer noch ein wenig unheimlich, denn mit der Kirche hatte Yasemine so rein gar nichts zu tun. Rückblickend erinnerte sie sich ebenfalls an etliche andere Begebenheiten im Garten ihrer Großeltern. Dort sah sie regelmäßig kleine tanzende Elfen mit Blumen im Haar und rundliche Wichtel, die geschäftig mit Werkzeug und Schubkarren hin und her liefen. Die einen sangen mit glockenhellen Stimmchen und die anderen verständigten sich mit wohlwollenden Brummlauten zu ihren Gesten. Yassie redete sogar mit ihnen. Die kurzen Unterhaltungen fanden in ihrem Kopf statt, bei denen sie die einzelnen Stimmen klar unterscheiden und zuordnen konnte. Diese zarten Wesen schienen Yassie gut zu kennen. Auf Spaziergängen im benachbarten Park begegneten ihr sogar Zwerge, von denen sie erfuhr, dass diese für die Tiere sorgten, wenn diese krank waren. Sie waren ein wenig größer und in ihrer Wahrnehmung zwar bunt, aber etwas durchscheinend. Eigentlich sahen sie genauso aus, wie man sich das immer vorstellte. Ab und zu waren diese lieben Gestalten ein wenig erschrocken, wenn sie bemerkten, dass ein Menschenkind sie sah. Doch meistens wurde sie von diesen Wesen begrüßt. Man begegnete sich mit Achtung und Respekt. Diese Geschöpfe waren sehr einfühlsam und verständnisvoll, außerdem redeten sie immer sehr liebevoll mit dem Mädchen. Für Yasemine waren solche Begegnungen ganz normal und selbstverständlich. Sie stellte diese auch später nie in Frage. Diese Geschehnisse waren ein Highlight in ihrem sonst so einsamen Alltag. Denn Freunde hatte sie nicht wirklich. Ganz selten spielten andere Kinder mit ihr. Meistens dann, wenn sonst niemand da war. Aber wann immer sie auch nur andeutungsweise mit jemandem darüber reden wollte, wurde Yasemine belächelt. Von den Kindern wurde sie ausgegrenzt, als hätten diese damals gespürt, dass sie anders war als andere Mädchen. Dabei war sie oft traurig über dieses Alleinsein. Sie tröstete sich früh mit Büchern, in deren Welten sie versank, oder sie malte stundenlang. In der Schule war sie bis zur Pubertät gut. Da wurde alles anders. In ihr war plötzlich eine Trauer, von der sie nicht wusste, woher diese rührte. Das lag nicht nur an der unglücklichen Ehe ihrer Eltern. Der Wunsch nach jemandem, der sie wirklich richtig kannte und verstand, weckte ein Verlangen und eine unbewusste Suche nach jemanden. Doch diese Lücke wurde erst fast zwei Jahrzehnte später geschlossen. Die Sehnsucht in der Heranwachsenden wurde immer stärker sie wusste bloß nicht wonach. Heute war Yasemine längst klar, dass sie damals schon auf der Suche nach der bedingungslosen Liebe ihres Seelenpartners war. Neben den geschriebenen Worten gab es auch noch die Welt der Musik, in die sie sich immer häufiger flüchtete. Dabei waren Balladen und Liebeslieder ihre bevorzugten Stücke, bei denen sie wehmütig mitsang. Ab und zu schrieb sie Gedichte, in denen sie ihre Verlorenheit verarbeitete und die sie danach wie der vernichtete. Unverstanden von ihrer Umgebung wurde sie so auf ihr späteres Leben vorbereitet.
Die Fähigkeit, Elfen, Gnome und dergleichen zu sehen, nahm mit den Jahren ab. Entweder hielten sich diese verborgen, oder es lag daran, dass sich ihre Sicht und Prioritäten verschoben. Denn erst in späten Jahren nahm sie diese kleinen Wesenheiten wieder wahr. Ihr Leben wurde nämlich durch die Arbeit und das Lernen in der Ausbildung zur Krankenschwester erfüllender. Hier sollte sie noch viel erleben, was die Anderwelt betraf.
3.    Die ersten Geister machen sich bemerkbar
„Yassie, es ist Zeit du musst aufstehen.“
„Danke“, rief sie noch im Halbschlaf, fuhr im Bett auf und starrte verwundert ihren Radiowecker an, der nur leise summte. Diese Stimme woher kam sie? schien ihr bekannt und vertraut zu sein, Yassi schaute sich in ihrem Zimmer um. Da war niemand. Die Eltern schliefen noch, denn es war Wochenende. Erst kurz nach fünf Uhr morgens, aber Yasemine musste zum Frühdienst in die Klinik.
Die Jugendliche wunderte sich nur kurz über die Stimme und zog sich hastig, aber mit einem Lächeln an. Schnell ein paar Schluck Kaffee im Stehen, während sie sich die langen Haare bürstete, und ab. Auf Station wurde sie bereits erwartet. Es versprach wieder ein arbeitsintensiver Tag zu werden, denn alle Betten waren belegt und viele Patienten Schwerstpflegefälle. Yassie war bei den Bettinsassen beliebt, weil sie so einfühlsam war. Weniger jedoch bei den Kollegen. Die meisten von ihnen beobachteten sie mit Argusaugen und warteten nur auf Fehler, um zu lästern. Woran das genau lag, konnte Yasemine nicht genau erklären, denn sie war immer freundlich zu allen und beteiligte sich auch nicht am üblichen Getratsche über abwesende Personen. Die junge Frau nahm ihre Aufgabe sehr ernst, richtete den Rollwagen mit frischer Bettwäsche sowie Verbandsmaterial. Die Waschutensilien befanden sich in den Zimmern und die Medikamente würde heute eine andere Schwesternschülerin verteilen, damit diese zusammen mit dem Frühstück verabreicht werden konnten. Gerade als sie mit einem Lächeln und fröhlichen Morgengruß in Zimmer 213 treten wollte, beschlich sie ein ungutes Gefühl. Sie spürte die Anwesenheit von etwas Kaltem. Plötzlich wusste sie sicher, dass Frau Tim den Abend nicht mehr erleben würde. Etwas streifte sie und eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Ihr Blick verschob sich und sie erhaschte einen Blick in die Anderwelt. Licht und Nebel kämpften scheinbar miteinander. Zwei Wesen kamen näher, als sie in der Realität gerufen wurde. Yassie schüttelte sich kurz und ging zur Kollegin. Nach einer kurzen Besprechung über den Gesundheitszustand einiger Patienten gingen beiden ihren Pflichten nach. Die Schicht war vollgepackt mit der Versorgung vieler armseliger Menschen, die ohne diese Pflege nur noch dahinvegetieren würden.
Die Schwesternschülerin war oft traurig darüber und deshalb gab sie all ihre Kraft und Liebe an diese hilflosen Personen weiter. Als sie am nächsten Morgen wieder auf die Station kam, spürte sie sofort, dass etwas passiert war. Sie wusste es augenblicklich: Die Frau, die sie am Tag zuvor noch liebevoll versorgt hatte, war gegangen. Die Bestätigung kam bald durch Kollegen.
Allerdings hatte noch kein Arzt den Tod derselben festgestellt Und so kam es zu einer schwierigen Begegnung mit dem Ehemann der Verstorbenen, der zu seiner Frau wollte und nicht ins Zimmer sollte. Die Beatmungsmaschine war noch an und durfte bisher nicht abgestellt werden. Yasemine hatte noch Abschied genommen und war dabei erschrocken über den starren Ausdruck und den sich immer noch regelmäßig hebenden und senkenden Brustkorb sowie den damit verbundenen Geräuschen. Ein Anblick, den man dem Gatten ersparen wollte.
So versorgte sie den trauernden Witwer mit Kaffee und tröstenden Worten, bis der Stationsarzt kam und es offiziell bestätigte. Die Maschine konnte abgestellt und entfernt werden. Bis dahin flossen einige Tränen auch bei Yassie, denn sie hatte die alte Dame ins Herz geschlossen. Erst Tage zuvor hatte diese ihr das Herz ausgeschüttet. Sie habe ein krankes Enkelkind und erst vor ein paar Wochen ihren einzigen Sohn bei einem tödlichen Unfall verloren. Dazu litt sie an Krebs. Yasemine nahmen solche Gespräche immer mit. Sie konnte auch nach Feierabend selten abschalten und meldete sich häufig mit „Station zwei, Schwesternschülerin Yasemine“ am privaten Telefon. Dieser Todesfall und der Witwer taten ihr besonders leid. Das bedeutete mal wieder einen Anpfiff der Schichtführenden Schwester. „Du musst härter werden. Sonst packst du das nie.“
So in der Art ging es ihr viele Male. Sie ahnte voraus, wer als nächstes ging, und entdeckte, dass sich in manchen Krankenhausfluren die Geister, die sich nicht lösen konnten, nur so tummelten. Allerdings waren das mehr geplagte Seelen, die das Licht nicht fanden und sich an ihr armseliges Leben klammerten. Das verstand sie aber erst Jahre später. Sie versuchte, sich vor den Besuchen in der Leichenhalle der Klinik zu drücken, wann immer es ging. Den Anblick eines dort auf gestellten Babysarges würde sie ebenfalls nie vergessen.
In dieser Zeit bewohnte sie seit einigen Jahren mit ihren ewig im Konkurrenzkampf stehenden Eltern eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, das über einen großen Speicher verfügte. Dieser wurde benutzt, um Wäsche zu trocknen. Oft hatte Yassie die Aufgabe jene dort auf oder abzuhängen. Allerdings ging sie ungern auf diesen Dachboden. Sie fühlte sich dort unwohl und immerzu von fast rot glühenden Augen beobachtet. Ab und zu geschah es, dass sie meinte, kalten Atem in ihrem Nacken zu spüren. Deshalb war sie froh, als ihre Mutter, mit der sie ausnahmsweise mal gemeinsam Handtücher auf hängte, sagte, sie könne schon in die Wohnung gehen. Erleichtert lief sie schnell nach unten und nahm auf dem Sofa im Wohnzimmer Platz. Es dauerte keine zwei Minuten, bis sie Gepolter und zuschlagende Türen hörte. Ihre Mutter rannte förmlich ins Zimmer und lehnte sich schreckensbleich an die Wand. „Du hast recht. Da ist was! Da stimmt was nicht.“ Besorgt, doch mit leichter Genugtuung vernahm sie diese Worte. Endlich war da mal jemand, der es auch spürte.
Nachforschungen ergaben, dass sich viele Jahre zuvor dort jemand erhängt hatte, um so seinem Leben ein Ende zu setzen. Dass von nun an niemand mehr auf den Speicher wollte, war logisch. Monate später zog Yasemine vorübergehend im Rahmen ihrer Ausbildung in eine WG mit einer anderen Frau, ebenfalls Schwesternschülerin. In der Klinik war es zu der Zeit in Mode, Geister zu rufen. Sie erinnerte sich an viele aufgeregte Gespräche hinter vorgehaltenen Händen.
Mit einem Quadrat aus Karton, dem darauf geschriebenen Alphabet und einem Glas, auf dem die Zeigefingerspitzen aller Teilnehmer ruhten, wurde sich konzentriert und wurden so abends die Geister gerufen. Mit dem Wissen von heute konnte Yassie nur davor warnen. Damals war sie so dumm gewesen mitzumachen. Da meldete sich angeblich Hitler, ein Uwe oder ein Michael. Alle gaben vor, etwas über die Zukunft zu wissen, doch oft war es gelogen.
Diese Geister drohten und spielten mit den Ängsten. Sie warnten vor Krieg, schlechten Noten, Tod der Angehörigen, erzählten von Seitensprüngen der Partner und dergleichen. Kurz darauf fühlte sich die mittlerweile ängstliche Yassie verfolgt. Glühbirnen platzten, wann immer sie den Lichtschalter betätigte. Kerzen loderten trotz Windstille auf oder erloschen. Sogar Bücher fielen aus Regalen. Oft brach sie in Angstschweiß aus. Sie erfuhr von anderen, denen es genauso oder noch schlimmer ging. Eine Bekannte rannte nur noch mit einem Messer zur Selbstverteidigung herum und landete später aufgrund ihres Verfolgungswahns in der Geschlossenen. Yassie hatte sich schnell von diesen okkulten Praktiken distanziert. Es dauerte jedoch eine Zeit, bis sie ihre Angst wieder verlor. Lange konnte sie schlecht allein sein und suchte Gesellschaft, wann immer es ging, um sich sicherer zu fühlen. Allerdings wuchs in dieser Zeit ihre Hellsichtigkeit. Sie ahnte weiterhin zu vieles voraus. Sie erkannte an der Aura einer Person, ob sie depressiv, schwer krank oder alkoholabhängig war und wollte es doch eigentlich nicht wissen. Eigentlich verstand sie nicht, woher diese Gewissheit kam. Sie war wie ein Kanal oder Sprachrohr. Als ob sie gelenkt würde, die Dinge anzusprechen. Sie nahm eine graue oder bräunliche Aura wahr, die bei Depressionen in der Herzregion besonders dicht war. Oder stechende Kälte bei alten Verletzungen sowie brennendes Kribbeln in den Händen bei akuten Krankheiten wie Entzündungen oder Infektionen. Viele Dinge wusste sie einfach. Sie sprach sie aus und fühlte, dass es die Wahrheit war. Die Leute waren dann immer sehr überrascht. Manchmal fühlte sie sich wie vom anderen Stern, weil sie oft komisch angesehen wurde. Deshalb beschloss sie, nur noch in seltenen Fällen über ihr Wissen zu sprechen. Es ergab sich, dass sie es spürte, als 500 Kilometer entfernt eine alte Bekannte einen Autounfall hatte; der Nachbar, der angeblich durch eine Diät abgenommen hatte, in Wirklichkeit unglücklich verliebt war. Sie sagte es ihm auf den Kopf zu und beschrieb die Frau in allen Einzelheiten, sogar mit Namen. Oder sie riet einer Freundin, sich ihre Abtreibung in jungen Jahren endlich zu verzeihen. Diese wurde bleich vor Schreck, denn davon wussten nur der Arzt, ihre Mutter und sie selbst. Manchmal wurde es Yasemine selber unheimlich und sie fühlte sich hilflos diesem Wissen ausgeliefert.
Ein anderes Mal amüsierte sie sich auch köstlich:
Da war zum Beispiel Jürgen, der nicht an die unsichtbaren Kräfte glaubte und dem sie fast schon wütend sagte: „Du wirst auch bald etwas erleben und dann doch überzeugt sein.“ Keine fünf Tage später war es soweit. Er kam aufgeregt zu ihr und erzählte: „Ich war den Abend mit meiner Freundin im Kino. Wir stellten im Dunkeln das Auto 20 Meter vor dem Haus ab und gingen zum Seiteneingang. Plötzlich standen wir im vollen Scheinwerferlicht! Ich rannte zum Auto zurück, die Türen waren abgeschlossen, ließen sich auch nicht öffnen. Ich verstehe das nicht. Erst nach ungefähr drei Minuten ging das Licht wieder aus und die Türen wieder auf. Da war aber niemand und den Schlüssel hatte ich selber. Wie ist so etwas möglich?“ Yassie lächelte nur und sagte: „Siehst du …“
Ausgleich fand sie in der Musik. Sie schlug sich ihre ohnehin schlaflosen Nächte in ihrer Lieblingsdiskothek um die Ohren. Mit der Musik konnte sie sich entspannen, verlor ihre Ängste, tanzte sich frei. Sie lernte hier ihren späteren Lebensgefährten kennen und wusste auf Anhieb, dass sie mit ihm in Zukunft zusammen sein würde. Aaron war einige Jahre älter, Logistiker, bodenständig, hatte ein gutes Benehmen und war sehr humorvoll. Bei ihm konnte Yasemine sich entspannen und hatte positive Gedanken. Er nahm sie ernst und tat ihr gut. Besonders gefiel ihr, dass er gut tanzen konnte. Sie harmonierten perfekt. Yassie hoffte auf eine unbeschwerte Zeit. Doch es sollte anders kommen.
4.    Mach‘s gut, mein Mädchen
Yasemines Eltern hatten sich getrennt und sie war mit ihrer Mutter in eine andere Wohnung gezogen. Die 18-Jährige war froh, die ewigen Auseinandersetzungen nicht mehr erleben zu müssen. Mit ihrem Freund Aaron, den sie in einer Diskothek kennengelernt hatte, lief es ganz gut. Sie war im letzten Ausbildungsjahr und eigentlich ganz glücklich und zufrieden. Es war an einem Samstagabend. Sie hatte das Wochenende frei, wollte sich mit Freunden treffen, um einen Videofilm zu schauen. Dort angekommen, beschlich sie ein beklemmendes Gefühl, das den ganzen Abend auch beim Film und der anschließenden Unterhaltung mit den anderen nicht weichen wollte. Normalerweise gab sie ihrer Mutter immer Bescheid, wo sie war, und kam auch über Nacht nach Hause. Doch in dieser Nacht wollte sie nicht heim. Sie sprach mit den Anwesenden darüber: „Ich will nicht nach Hause. Ich glaube, es ist etwas ganz Schreckliches passiert.“ Genaueres konnte Yassie nicht sagen. Sie ließ sich dann gegen halb fünf morgens widerwillig von den Freunden nach Hause fahren. Unten an der Haustür atmete sie tief durch, ging schweren Schrittes die Treppen hinauf und zögerte an der Tür. Gerade als sie den Schlüssel umdrehen wollte, öffnete ihre Mutter mit verweinten Augen. Im selben Augenblick schrie Yassie laut und durchdringend auf. Sie hielt sich die Ohren zu, um nicht zu hören, was diese ihr sagen wollte. Unter Schock jammerte und weinte die junge Frau mit geschlossenen Augen, weil sie plötzlich alles klar vor sich sah. Das Blaulicht, die Rettungssanitäter samt Notarzt, den Defibrillator, um den auf dem alten Sofa in seiner Wohnung liegenden Vater wiederzubeleben. Doch es war zu spät und alle Versuche vergebens. Ihr Pa war tot. Sie merkte nicht einmal, wie eine Freundin ihrer Mutter sie behutsam in die Küche an den Tisch führte, wo sie sich inzwischen völlig apathisch hinsetzte. Entsetzt entnahm sie den Äußerungen der beiden Frauen, dass es genauso passiert war, wie sie es vor sich gesehen hatte, und weinte lautlos. Plötzlich meinte sie eine Hand auf ihrem Haar zu fühlen. Diese strich ihr über den Kopf und sie vernahm die Worte: „Tut mir leid, das wollte ich nicht. Mach‘s gut, mein Mädchen.“ Yassie rannte in ihr Zimmer, setzte sich auf den Boden vor ihrem Bett und weinte bitterlich. Ihre Tür war nur angelehnt, als sich diese ganz langsam, von unsichtbarer Hand bewegt, wieder aufschob. Etwas Licht flackerte und sie spürte seine Anwesenheit deutlich. Ein warmes Gefühl durchströmte sie und dann war es vorbei. Er war gegangen endgültig. Das spürte sie. Die folgenden Tage waren ein Alptraum. Yasemine war wie betäubt und an seinem Grab konnte sie nicht einmal mehr weinen. Sie war wie versteinert. Sie war froh, dass sie Aaron hatte. Er lenkte sie ab und gab ihr das Gefühl von Sicherheit. Allerdings war in der Wohnung ihrer Mutter etwas merkwürdig. Wann immer Yassie diese betreten wollte, spürte sie eine fremde Aura. Dann wieder hörte sie eine Frauenstimme wunderschön, aber etwas wehmütig singen. Einmal erhaschte sie einen Blick auf eine fast durchsichtige Gestalt in einem weißen Kleid. Sie hatte langes Haar und stand freundlich lächelnd vor dem Kühlschrank. Als sie ihre Mutter darauf ansprach, dass sie wohl nicht alleine in diesem alten Haus wohnten, gab diese zu, ebenfalls eine fremde Anwesenheit zu spüren. Yasemine beschrieb die Person und die beiden verständigten sich darauf, den Geist willkommen zu heißen. Denn scheinbar hatte diese Seele hier die älteren Wohnrechte und konnte sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht von diesem Gebäude lösen. Angst hatten beide nicht vor dieser Frau, die gutmütig war und sie nicht weiter störte. Einige Monate später zog sie mit Aaron zusammen. Sie hatten einige relativ unbeschwerte Jahre. Bis auf die Augenblicke, in denen Yasemine alleine war. Dann überfiel sie wieder diese unerklärliche Sehnsucht, gemischt mit Trauer und Heimweh. Sie verstand sich dann selbst nicht.
Yassie war auf der Suche nach sich selbst. Mittlerweile war sie 24 Jahre alt und arbeitete nicht mehr als Krankenschwester. Sie hatte die ewigen Todesfälle und schlimmen Krankheiten um sich herum sowie die ständigen Gedanken an ihren Vater bei der Arbeit nicht mehr ausgehalten. Wann immer sie einen bärtigen Mann etwa in seinem Alter versorgte, sah sie ihn und sein Ableben vor sich. Oft konnte sie deshalb keine Spritze mehr ruhig halten. Sie versuchte alles, um die Gedanken an ihn zu unterdrücken. Da sie schon immer gerne geschrieben hatte, fing sie als freie Mitarbeiterin bei der örtlichen Tageszeitung an. Ihre Artikel waren beliebt und so konnte sie auch regelmäßig einige an die Wochenblätter verkaufen. Die Arbeit machte ihr Spaß und bei ihren Recherchen lernte sie viel dazu.
Trotzdem fehlte ihr irgendetwas Tief in ihr war ein Schmerz, der nie verging. Sie suchte Rat bei einer recht bekannten Wahrsagerin. Mit einer Freundin fuhr sie etliche Kilometer dort hin. Jenny war schon älter und legte für sie die Karten. Die Freundin kam zwanzig Minuten später guter Dinge aus dem Zimmer der Seherin. Sie hatte ihr eine rosige Zukunft beschrieben und nun wollte diese gut gelaunt im Auto auf Yasemine warten. Die Seherin sah Yassie beim Eintreten forschend an, mischte die Karten und hielt inne. Sie sprach von großer Trauer in ihr und einer besonderen Aufgabe auch vom Verlust ihres Vaters. Aaron, der sie angeblich nicht richtig verstand, erwähnte sie auch. Kurz darauf schlug sie die Hände vors Gesicht und schrie auf. Sie hatte irgendetwas Schreckliches gesehen, wollte Yasemine aber nicht sagen, was. „Du brauchst dringend Schutz. Ich besorge dir ein Amulett aus meiner Heimat“, wiederholte die Zigeunerin immer wieder. Sie kamen überein, dass die junge Frau noch einmal wiederkommen sollte. Dann unterhielten sie sich eine Weile. Diese Jenny hatte große Probleme. Ihr Vermieter und das Gericht bedrohten ihre Existenz. Doch Yassie beruhigte die Wahrsagerin: „Du wirst sehen, es kommt alles ganz anders. Es geht schnell und kommt wieder in Ordnung. Mach dir keine Sorgen. Einen neuen Mann lernst du auch kennen.“ Zwei Wochen später rief Jenny sie an und fragte erstaunt, wie Yassie das alles ohne Hilfsmittel voraussehen konnte. Es war genauso gekommen, wie die junge Frau der Hellseherin gesagt hatte. Sie erkannte ihre besonderen Fähigkeiten erst jetzt und meinte, Yassie sei ein Medium, müsse aber auf sich aufpassen. Da Yassies alter Ford den Geist aufgab und es einfach zeitlich auch nicht passte, kam es nicht mehr zu dem verabredeten zweiten Treffen.
Sie hatte kein Amulett, als es begann…
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Na, hab ich euch zu viel versprochen? Nun wollt ihr doch bestimmt wissen, wie es weiter geht. Dann holt euch schnell das Buch und lest es.
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Gewinnspiel zum Buch!!!
Ja, so ganz ist der Tag aber noch nicht um, wir haben hier noch etwas für euch. Die liebe Bea hat einen kleinen Gewinn für euch, einen wundervollen Traumfänger. Wer diesen haben möchte, der verrate uns doch einfach mal hier im Kommentarfeld, ob er bzw. sie sich vorstellen kann, mit den Seelen zu reden.

Wir sind mal gespannt, wie eure Antworten so ausfallen und wie kreativ ihr dabei seid.



Kommentieren könnt ihr hier oder über Facebook auf der entsprechenden Veranstaltung zu diesem Autorentag.



Nun noch ein paar Formalitäten:


Wichtiges!!!

> teilnehmen könnt ihr auf meiner FB-Seite Sonnenblümchens Rezensionen (https://www.facebook.com/SonnenbluemchensRezensionen/) und/oder auf meinem Blog, Sonnenblümchens Dreams (http://sonnenblumentraumwelt.blogspot.de/)

> ein kleiner Like für das Gewinnspiel

> hinterlasst einen freundlichen Kommentar, der bitte mehr enthält als „Hüpf in den Los Topf“ (ich denke ihr versteht was ich meine 🙂 )

> ein kleiner Like für meine Facebook-Seite und/oder meinen Blog

> gerne dürft ihr teilen und Freunde markieren


Alles natürlich völlig freiwillig, ich zwingen niemanden zu irgendetwas. Ein Gewinnspiel soll ja Spaß machen und kein Zwang sein.


> Teilnahme ab 18

> Versand nur innerhalb Deutschland, Österreich und der Schweiz

> Facebook und mein Bloganbieter haben mit dem Gewinnspiel nichts zu tun

> die Teilnehmer erklären sich im Gewinnfall einverstanden, dass ihre Namen öffentlich auf meiner FB-Seite Sonnenblümchens Rezensionen und auf meinem Blog genannt wird

> die Gewinner erklären sich einverstanden, dass ich ihre Daten zwecks Gewinnzustellung verarbeite

> für Verlust oder Beschädigung der Gewinne auf dem Versandweg wird keine Haftung übernommen

> Barauszahlung ist nicht möglich


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Ja und das Gewinnspiel läuft bis Sonntag den 5. März 2017. Danach werde ich schnellstens den Gewinner von der Losfee ziehen lassen und bekannt geben. 
Dann allen viel Glück dabei und dir, liebe Bea, möchte ich nochmal vielen Dank dafür sagen, dass du diesen Autorentag auf meinem Blog mitgemacht hast.

Autor: ela

Ich denke, träume, knipse, lache, lese, schreibe und dabei vergess ich nie meine Lieben. Vielleicht unterhalten wir uns ja hier, ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen und wünsche viel Spaß hier auf meinem Blog.

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